OnLyme-Aktion.org erhebt Einspruch gegen die Leitlinie Neuroborreliose

NewsIm Mai 2013 wurde die Aktualisierung der S 1-Leitlinie bzw. Handlungsempfehlung Neuroborreliose der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in das AWMF-Leitlinienregister aufgenommen. Das Aktionsbündnis OnLyme-Aktion.org hat erhebliche Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit der Leitlinienautoren und bat die AWMF-Leitlinienkommission um Prüfung.

Die Offenlegung von Interessenskonflikten ist für Handlungsempfehlungen (S 1) als auch Leitlinien (S 2, S 3) erforderlich und bezieht sich auf materielle wie immaterielle Aspekte der letzten 3 Jahre. Bei 3 von 7 Leitlinienautoren gibt es eindeutige Hinweise, dass die Interessenskonflikterklärung nur unvollständig abgegeben wurde. Gemäß AWMF-Regelwerk werden Leitlinien, in denen Interessenskonflikte einzelner Mitglieder nicht transparent sind, nicht in das AWMF-Leitlinienregister aufgenommen. Diesen Sachverhalt sehen wir als gegeben.

Interessenskonflikte werden definiert als „Gegebenheiten, die ein Risiko dafür schaffen, dass professionelles Urteilsvermögen oder Handeln, welches sich auf ein primäres Interesse beziehen, durch ein sekundäres Interesse unangemessen beeinflusst werden“. Das primäre Interesse von Medizinern und Wissenschaftlern besteht darin, das Wohlergehen von Patienten durch eine optimale Versorgung und wissenschaftlichen Fortschritt zu gewährleisten. Die Vermeidung von Verzerrungen durch Interessenskonflikte ist ein Gebot ärztlicher Ethik. Dabei beschränken sich Interessenskonflikte nicht nur auf finanzielle Zuwendungen, auch nicht materielle Interessenskonflikte haben erheblichen Einfluss auf die Urteilsfähigkeit.

Seit Jahren existiert ein Meinungsstreit um die Lyme-Borreliose im fortgeschrittenen Stadium. Öffentlich wird dies bereits als „Zeckenkrieg“ betitelt. Begriffe wie „Modekrankheit“, „Borrelienneurose“, „Internetborreliose“ oder gar „iatrogene Borreliose-Angststörung“  werden in Vorträgen, Fortbildungen und sogar in Lehrbüchern erwähnt. Maßgeblich an der Verbreitung solcher Begriffe beteiligt waren 3 von 7 dieser Leitlinienautoren. Solche Äußerungen tragen weder zur Versachlichung des Themas noch zum Wohlergehen von Patienten bei und lassen die erforderliche Neutralität zur Mitarbeit bei der Leitlinienentwicklung vermissen. Bei diesen Leitlinienautoren ist das professionelle Urteilsvermögen in Frage zu stellen, da derartige Äußerungen dem primären Interesse entgegenstehen.

Mitwirkende mit Interessenskonflikten, die als befangen bewertet wurden, sollen nicht an der Bewertung von Evidenzen und der Konsensfindung mitwirken. Die Befangenheit wird von der Leitliniengruppe diskutiert und bewertet.  Das halten wir bei dieser Leitliniengruppe für höchst problematisch. Bei 6 von 7 Leitlinienautoren liegen nicht unerhebliche Interessenskonflikte vor. Handlungsempfehlungen werden lediglich im informellen Konsens erarbeitet, umso wichtiger ist die transparente und vollständige Darlegung von Interessenskonflikten als auch der Umgang mit diesen und deren Bewertung. Es ist davon auszugehen, dass keiner dieser Interessenskonflikte von der Leitliniengruppe als relevant bewertet wurde.

Interessenskonflikte sind stets dann problematisch, wenn von einer unangemessenen Beeinflussung der Leitlinienempfehlungen ausgegangen werden kann oder auch nur der Anschein einer unangemessenen Beeinflussung entsteht. Das ist unzweifelhaft gegeben.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Empfehlungen der AWMF zum Umgang mit Interessenskonflikten bei der S1-Leitlinie Neuroborreliose nicht vollständig umgesetzt wurden. Die fehlende Transparenz von Interessenskonflikten mehrerer Leitlinienmitglieder ist mit dem AWMF-Regelwerk nicht vereinbar. Aus diesem Grund haben wir um Prüfung und Stellungnahme durch die AWMF-Leitlinienkommission gebeten. Sobald uns eine Stellungnahme vorliegt, werden wir weiter berichten.