Neuer Borreliose-Test auf dem Markt – OnLyme-Aktion.org fragt nach

Der SpiroFind von Boulder Diagnostics soll als erster Test zuverlässig eine aktive Borreliose in allen Krankheitsstadien diagnostizieren können und damit besonders für die Erkennung chronischer Borreliose-Infektionen geeignet sein. Hält dieser Test was er verspricht? Dieser Frage ist OnLyme-Aktion.org nachgegangen.

Borreliose Test – wie funktioniert der Spirofind?

Ähnlich dem Elispot fragt der SpiroFind-Test Immunreaktionen ab. Dafür werden Monozyten mit ganzen Borrelien-Organismen beimpft und die Zytokinausschüttung gemessen. Diese zelluläre Immunantwort auf den Borrelien-Erreger ist entscheidend für die Diagnose. Der Test wird mit einer Mischung aus Borrelia burgdorferi, B. afzelii und B. garinii durchgeführt, zahlreiche weitere Borreliosestämme bleiben unberücksichtigt. Boulder hält es aufgrund der Homologie der Borrelienstämme für unwahrscheinlich, dass der Test einen Stamm nicht erkennt, räumt aber ein, dass es auch nicht auszuschließen sei. Ausgewertet werden die Tests durch einen erfahrenen Labormediziner, der bereits in verschiedenen Labors mit Schwerpunkt Borreliose arbeitete.

Wer hat den neuen Borreliosetest entwickelt?

Entwickelt wurde der SpiroFind von Wissenschaftlern an der Radboud University Nijmegen Medical Center (RUNMC), die im wissenschaftlichen Meinungsstreit um die Borreliose die Haltung der IDSA vertreten. Boulder Diagnostics finanziert weitere Forschung an der RUNMC und hat Anrecht auf Lizenzgebühren und Umsätze, die durch diesen Test erzielt werden. Die Wirksamkeit des SpiroFind soll durch eine klinische Studie der RUNMC erwiesen sein. Obwohl der Test bereits auf dem Markt ist, wird die Studie dazu erst im Frühjahr veröffentlicht werden.

Fragen zum neuen Testverfahren auf chronische Borreliose

Der wissenschaftliche Nachweis über die Wirksamkeit eines Tests wird in der Regel über Blindversuche geführt. Dabei werden Proben von erkrankten Patienten mit Proben von nicht-erkrankten Patienten gemischt und für den testenden Laborarzt unkenntlich gemacht. Diese Proben werden dann getestet und die Trefferquote des Tests ermittelt. Die Diagnose einer Borreliose ist wissenschaftlich umstritten. Vor allem die chronische Borreliose, für welche dieser Test als besonders geeignet dargestellt wird, ist häufig eine Ausschlussdiagnose. Boulder konnte uns die Frage, nach welchen Kriterien diese Testpersonen ausgewählt wurden nicht beantworten, es wurden auch keine Angaben zur Spezifität oder Sensitivität dieses Tests gemacht. Zur Vorgehensweise bei der Festlegung der Grenzwerte verwies Boulder auf die noch nicht zur Veröffentlichung freigegebene Studie.

Der neue Test soll die Fehldiagnose „chronische Borreliose“ verringern

Vor Markteinführung bot Boulder einen kostenlosen SpiroFind zur klinischen Erprobung an. Unabhängig von Boulder gab es dazu eine Vergleichsgruppe, in der Testpersonen zeitgleich einen Blot durchführen ließen. In diesen Blots zeigten sich mehrfach hochpositive Banden bei negativem SpiroFind. An anderer Stelle wurde der SpiroFind mit dem Elispot verglichen. Der Elispot brachte deutlich häufiger positive Ergebnisse. Die Höhe des angesetzten Grenzwerts ist umstritten. Die Vergleichsgruppen stützen diese These. Bleibt die Frage, wie wurde der Grenzwert festgelegt? „Dieser Test hat das Potential die häufige Fehldiagnose von chronischer Borreliose erheblich zu senken.“ Diese Aussage tätigte Prof. Mihai Netea, Professor für  Experimentelle Medizin der RUNMC und an der Entwicklung dieses Tests beteiligt.

Borrelien tarnen sich nur bei der Erstinfektion?

Jedes intakte Immunsystem reagiert auf diesen Test. Nur bei mehrfach deutlich erhöhter Reaktion über dem dafür festgesetzten Grenzwert wird eine aktive Borreliose diagnostiziert. Borrelien verfügen allerdings über Tarnmechanismen, bei denen eine immunologische Auseinandersetzung des Immunsystems unter Umständen unterbleiben kann. Laut Boulder betreffen diese Tarnmechanismen ausschließlich die „Erstinfektion“. Diese Aussage wirft erstaunliche Fragen auf: Ist der SpiroFind also nur bei erneuter Borrelien-Infektion zweifelsfrei aussagekräftig? Wird die chronische Borreliose gar als eine Folge von Neuinfektionen gedeutet? Es wirkt wie ein einziger Widerspruch, wenn Boulder antwortet: „Diese zelluläre Immunantwort auf den Borrelien-Erreger liegt in allen Stadien der Borreliose vor, solange der Körper dem Reiz ausgesetzt ist.“

Wie aussagekräftig der Test wirklich ist, bleibt abzuwarten. Eine Aussage kann man jedoch bereits jetzt schon treffen: Auch mit dem neuen SpiroFind wird es wohl keinen absolut zuverlässigen Test geben.