Pressemitteilung
Umstrittene Doku über Lyme-Borreliose erhält Journalistenpreis der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Leverkusen. Mit Unverständnis, ja sogar Entsetzen reagieren bundesweit Betroffene auf die Preisverleihung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) 2012, mit der die umstrittene TV-Dokumentation von Patrick Hünerfeld ausgezeichnet wurde. Die mit unpassender Kriegsrhetorik betitelte Dokumentation wird weder dem Anspruch gerecht, objektiv und sachlich zu berichten, noch stellt sie sich ihrer medialen Verantwortung, Patienten nicht zu schaden.
Unter Fachleuten werden die Diagnose, Therapie und Begleiterkrankungen einer Borreliose bereits seit Ende der 80er-Jahre kontrovers diskutiert. Eine Kontroverse, die unter anderem auf unzureichenden, europäischen Langzeitstudien beruht. „Der Zeckenkrieg“ vergibt die Chance, dem Zuschauer die Ursachen für die konfliktreichen Lehrmeinungen aufzuzeigen, die häufig auf dem Rücken der leidenden Patienten ausgetragen werden. So wird weder evidenzbasiert und wissenschaftlich argumentiert, noch erfährt der Zuschauer, dass ein Experten-Workshop am Robert Koch-Institut einen eklatanten Forschungsbedarf zu beinahe jedem Aspekt der Multiorgan-Erkrankung ausgemacht hat. Die jetzt von der DGN ausgezeichnete Sendung enthält Falschaussagen und scheint vor allem die Aufgabe zu haben, die Lehrmeinung der DGN zu stützen.
Jedes Jahr infizieren sich, je nach Datenlage, zwischen 214.000 und über 800.000 Menschen neu mit dem häufig durch Zeckenstiche übertragenen Krankheitserreger Borrelia burgdorferi. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist bereits jedes 14. Kind in Deutschland mit Borrelien infiziert. Für viele Patienten beginnt damit ein langer Leidensweg, der nicht selten zur Erwerbsunfähigkeit und Frühverrentung führt. Die Infektion wird auch als „großer Imitator“ bezeichnet, weil ihr diffuses, wechselndes Krankheitsbild Fehldiagnosen wie Multiple Sklerose, Rheuma, Arthritis, somatoforme Störung und viele mehr verursacht. Mehr als 30 Jahre nach Entdeckung des Erregers gibt es immer noch keinen schützenden Impfstoff. Die Diagnostik ist immer noch unzuverlässig und nicht-standardisiert. Am schlimmsten für viele Patienten ist jedoch die Tatsache, dass es bislang keine sicher heilende Therapie gibt. Ein Aspekt, der wie so viele andere völlig unterschlagen wurde.
In einer objektiv angelegten Dokumentation hätte man bei der Recherche auch die Studien berücksichtigen müssen, die nicht die Empfehlungen und die Meinung der DGN unterstützen, nur so wäre die verzerrte Darstellung zum Thema vermieden worden. „Vor diesem Hintergrund möchten wir auch darauf hinweisen, dass die S1-Leitlinien der DGN lediglich Empfehlungen mit einem sehr geringen Evidenzgrad und geringer wissenschaftlicher Legitimation sind. Das sollten Patienten im Hinterkopf haben, wenn man sie nach diesen „DGN-Leitlinien“ diagnostizieren und behandeln möchte“, sagt eine Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen zeckenübertragene Infektionen Deutschland e. V.
„Die vielen Zuschriften, die uns nach den diversen Ausstrahlungen der Doku erreichten, lassen sich mit einem Satz zusammenfassen: Achtung, diese Sendung könnte Ihre Gesundheit gefährden!“ Leider habe man großes Aufklärungs- und Informationspotenzial verschenkt, stattdessen auf Meinungsmache gesetzt und offenbar die ethische Verantwortung gegenüber Patienten aus dem Blick verloren, so Onlyme-Aktion.org.
21. September 2012
OnLyme-Aktion.org, das Aktionsbündnis gegen zeckenübertragene Infektionen Deutschland e. V., hat sich zum Ziel gesetzt, mit Aktionen und Kampagnen auf die gesundheitspolitischen Missstände insbesondere bei der Lyme-Borreliose aufmerksam zu machen und Betroffenen eine Stimme zu geben. |
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